Ein Beirat im Mittelstand : Von Weltgeschehen bis alternative Finanzierung wird alles diskutiert.
Manfred R. Elsner ist alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der Main-Neckar-CapitalGroup GmbH, Frankfurt am Main, aktiver Beirat mit Beratungsfunktion in namhaften Unternehmen, und er leitet die Servicestelle der Oskar-Patzelt-Stiftung in Frankfurt am Main. Der gefragte Experte auf dem Gebiet Corporate Finance verfügt über 40 Jahre Berufs- und Führungserfahrung im Finanzsektor, unter anderem bei der Dresdner Bank AG und ihrer Investmentbank in London und Frankfurt am Main sowie der Crédit Agricole Corporate & Investment Bank. Ein guter Grund für den Mittelstandsexperten und Kuratoriumsvorsitzenden der Oskar Patzelt Stiftung, Christian Wewezow, mit ihm in der Reihe Wirtschaftsgespräche über die Rolle des aktiven Beirats in Unternehmen zu sprechen und einen Ausblick in die wesentlichen Unternehmensthemen der Zukunft zu wagen.
Christian Wewezow : Sie verfügen über umfangreiche Erfahrung im Finanzsektor und sind für Unternehmen unterschiedlicher Branchen als Beirat tätig. Was ist die Aufgabe eines Beirats ?
Manfred R. Elsner : Ein Beirat mit aktiver Beratungsfunktion ist der erste externe Experte für die Unternehmensentwicklung und Aufsichtsorgan der Geschäftsführung. Als Beirat berate ich Geschäftsleitung und Gesellschafter bei strategischen Themenstellungen, unter anderem bei der langfristigen Unternehmensausrichtung, einer Nachfolgeregelung und bei neuen Produkt- oder Dienstleistungsfeldern.
Zusätzlich berate ich die Geschäftsleitung bei tagesaktuellen Themenstellungen, der Neukundengewinnung, Vertragsverhandlungen, Investitionen, Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung. Ich bin externer Berater und Sparringspartner für die Unternehmer.
Christian Wewezow : Wie kann man sich Ihre tägliche Praxis als Beirat unterschiedlicher Unternehmen vorstellen ?
Manfred R. Elsner : Meine Aufgabe ist Fortschreibung der strategischen Unternehmensziele und die Entwicklung des Unternehmens mit Fokus auf die finanzielle Tragfähigkeit. Für diese Umsetzung reicht nach meiner Erfahrung die klassische Beiratsratstätigkeit nicht mehr aus. Dieser trifft sich meistens nur 4 Mal im Jahr und bespricht die generelle Entwicklung des Unternehmens. Diese Abstände empfinde ich als zu lang. Deshalb umfasst mein Mandat 12 Monate pro Jahr. Auf jeden Monat entfällt mindestens Beratungstag, der sich zeitlich aufteilt : für ein persönliches Meeting, alle aktuellen Fragestellungen, die Ad-hoc-Antworten erfordern, Ausarbeitung von Unterlagen und Teilnahme an wichtigen Besprechungen, z.B. mit Banken oder Gesellschaftern.
Wenn der Unternehmer sich Fragen stellt, „ich möchte nach Österreich expandieren oder eine Niederlassung in Dubai gründen“, dann sehe ich mir zunächst die jeweiligen Rahmenbedingungen an. Ich gebe mein Feedback, u.a. anhand von Markt- und Mitbewerberanalysen als Teil der strategischen Beratung. Da ist das Wissen um Weltgeschehen genauso gefragt wie Erfahrung in Betriebswirtschaft und Management.
Christian Wewezow : Warum rufen die Unternehmer Sie an und nicht zum Beispiel ihren Steuerberater ?
Manfred R. Elsner : Die Aufgabenfelder eines Beirats mit aktiver Beratungsfunktion und die eines Steuerberaters unterscheiden sich in der jeweiligen Verantwortung für das Unternehmen. Für den Beirat ist das primäre Ziel strategische und praktische Unterstützung zu geben, ein Sparringspartner für den Unternehmer zu sein, um das Unternehmen langfristig im Markt zu positionieren und den Unternehmenswert zu erhöhen, Chancen und Risiken fortlaufend zu überprüfen. Daher spreche ich regelmäßig mit dem Unternehmer und kann einschätzen, ob es sich um eine situative Angelegenheit oder eine strategische unternehmerische Weichenstellung handelt. Einiger meiner Mandanten kontaktieren mich auch, wenn es um Abschlüsse von Verträgen, Personalfragen oder Marketingthemen geht. Da berate ich sehr engmaschig. Andere melden sich immer dann, wenn sie mit mir als Sparringspartner Wichtiges besprechen wollen oder wenn es etwas Wesentliches zu entscheiden gibt.
Christian Wewezow : Mir ist bewusst, dass Ihre Tätigkeit einer hohen Vertraulichkeit unterliegt. Können Sie trotzdem Beispiele von Unternehmen nennen, für die sie tätig sind ?
Manfred R. Elsner : Da haben Sie recht. Die meisten, vor allem mittelständische Unternehmen, wollen lieber nicht genannt werden. Was ich sagen kann : Die Bandbreite und Branchenvielfalt ist sehr groß. Neben dem klassischen Mittelstand berate ich auch ein Unternehmen im Bereich Enterprise Resource Planning (ERP) /Business Intelligence, Startups und einen ehemaligen Rennfahrer, der aktuell Sponsoren für seinen eigenen Rennstall sucht.
Christian Wewezow : Worauf achten Banken heutzutage ?
Manfred R. Elsner : Das hat sich durch Basel III, MiFID II, PSD2 sehr verändert. Früher reichten oftmals die persönliche Bekanntheit zur Bank oder Sparkasse und übliche Sicherheiten. Heute muss ein Unternehmen sein zukunftsfähiges Geschäftsmodell mit allen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen optisch gut aufbereiten und darstellen. Startups präsentieren sich vielfach ausführlicher als Mittelstandsunternehmen. Sie richten ihre Unternehmenspräsentation gleichermaßen an Investoren und Banken. Für Mittelstandsunternehmen ist es daher zielführend, wenn sie ein Business Intelligence im Einsatz haben, welches wichtige Steuerungskennzahlen für die Aufbereitung der Unterlagen liefert. Außerdem kann ein Beirat in einem Unternehmen als unabhängiger Berater mit langjähriger Erfahrung als Bankfachmann und Bankfachwirt das Vertrauen bei Banken stärken.
Zunächst aber müssen Unternehmer sich die Frage stellen : Mit welchem Eigen- und Fremdkapital-Anteil kann ich meine Unternehmensziele erreichen ? Wir suchen dann mit der Main-Neckar-CapitalGroup GmbH den richtigen Finanzierungsmix. Dabei arbeiten wir auch mit spezialisierten Kreditplattformen und Eigenkapitalgebern für den Mittelstand zusammen. Es heißt immer, die Banken geben dem Mittelstand keine Kredite. Bis zu einem Jahresumsatz von 5 Millionen Euro kann ich das häufig bestätigen. Wenn Liquidität erforderlich ist, gibt es aber auch andere sinnvolle Lösungen.
Christian Wewezow : Jetzt haben wir uns über die unternehmerischen Herausforderungen der Gegenwart unterhalten. Welches sind Ihrer Meinung nach die Themen der Zukunft ?
Manfred R. Elsner : Ein wesentliches Stichwort lautet natürlich Mittelstand 4.0. Die Bezugswege, Vertriebswege und Produktion werden sich weiter verändern. Es wird noch mehr just in time Lieferungen geben. Teure Lagerbestände werden auf ein wirtschaftliches Minimum reduziert. Beim Thema Personalführung wird mehr Flexibilität erforderlich sein. Neue Arbeitsplätze werden entstehen. Im Finanzbereich werden Unternehmen nicht mehr nur ihre traditionellen Bankbeziehungen haben, sondern unabhängiger unter mehreren Anbietern auswählen wollen. Der Unternehmer wird noch mehr zum Chancen- und Risikomanager werden.
Wir müssen in Zukunft nicht nur mit Europa, sondern mit der ganzen Welt technisch und wirtschaftlich standhalten. Blockchain-Technologie und Künstliche Intelligenz werden die bestehenden Arbeitsprozesse verändern. Viele Entscheidungsprozesse werden von der Individualisierung zur Standardisierung hin verlagert. Der Unternehmer geht morgens nicht mehr auf den Hof und prüft, ob alle LKWs da sind. Seine Telematik Lösungen zeigen ihm an, welche Fahrzeuge und wie viele seiner Mitarbeiter vor Ort bzw. bereits zum Kunden unterwegs sind. Es wird ein neuer Unternehmertyp gefragt sein : Statt selbst im Betrieb zu arbeiten, wird der Unternehmer der Zukunft stärker als Visionär und Unternehmenslenker agieren müssen.
Christian Wewezow : Welches ist Ihre Botschaft an die Unternehmer ?
Manfred R. Elsner : Wie bei einem Bundesligaverein ist Erfolg eine Frage, der qualifizierten Vereinsführung, der mittel- und langfristigen Ziele, des finanziellen Verfügungsrahmens, der Besetzung des kompetenten Managers, der Zusammenstellung des Spielerkaders, der richtigen Auswahl des Trainers, der Aufstellung und eine flexible Taktik, je nach Spielverlauf. Jeder Verantwortungsbereich ist ein Mosaikstein für den Gesamterfolg. Wer immer wieder in der Champions League spielt, hat vieles richtig gemacht. Mittelstand ist eine vergleichbare Teamveranstaltung.
Christian Wewezow : Gibt es etwas, das Sie gerne machen würden und noch nie getan haben ?
Manfred R. Elsner : Ich würde gerne Bundesligamanager sein.
Erschienen im PT-Magazin, 22.Frebruar 2018
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